Die Jütländische Kaffeetafel

Die Jütländische Kaffeetafel

19. Juni 2022 1 Von uns

Das Sønderjysk Kaffebord (südjütländische Kaffeetafel) ist vor allem in Südjütland/Nordschleswig, aber auch in anderen Landesteilen Dänemarks verbreitet. In Südjütland ist das „kaffebord“ jedoch eine echte Institution.

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Ich habe die Kaffeetafel jedoch auf Bornholm kennengelernt, dort kann ich euch wirklich nur Fru Petersens Café ans Herz legen. Wer sich einmal durch die ganzen dänischen Kuchenspezialitäten durchprobieren will, ist dort goldrichtig!

Wenn ihr in (Süd)jütland einmal Urlaub macht: Dann schaut doch einfach einmal, ob ihr ein Café findet, das so eine Kaffetafel anbietet.

Die Nordseeküste in Jütland

Die südjütländische Kaffeetafel hat eine interessante Geschichte, die ihre Wurzeln im dänischen Freiheitskampf in Südjütland hat.

Nach dem Krieg von 1846 fiel Südjütland unter die deutsche Herrschaft. Die dänisch gesinnten Südjütländer trafen sind in der Folge unter anderem in Versammlungshäusern und brachten ihre Proteste insbesondere durch das Singen von dänischen Liedern zum Ausdruck. Um der antideutschen Stimmung Einhalt zu gebieten, wurde nunmehr den Versammlungshäusern die Schankgenehmigung entzogen. Die preußische Regierung hoffte darauf, dass, wenn bei den Treffen nicht mehr Alkohol getrunken werden konnte, diese auch nicht mehr stattfinden würden.

Aber weit gefehlt! Fortan trafen sich die Dänen einfach zum Kaffee in den Versammlungshäusern, denn dafür brauchte es schließlich keine Schankgenehmigung. So kam es also dazu, dass man sich bei Kaffee und Kuchen traf. Damit konnten die Deutschen die dänisch-gesinnten Lieder und Reden nicht mehr verhindern.

In den Versammlungshäusern waren jedoch die Küchen sehr klein, so dass man dort nicht groß etwas zubereiten konnte. Der Kuchen wurde deshalb mitgebracht. Im Laufe der Zeit entwickelte sich deshalb rasch ein Wettstreit, welche Frau die besten Kuchen beisteuerte. Es ist interessant, dass sich da bestimmte „Vorgaben“ und Rituale herausgebildet haben hinsichtlich der Anzahl der Kuchen und auch der Essgewohnheit.

Eine klassische Kaffeetafel besteht neben den Getränken – Kaffee und Tee – aus 7 weichen und 7 trockenen Kuchen sowie 7 Kekssorten. Daneben können Krapfen (Æbleskiver) oder Schmalzgebäck gereicht werden. Insgesamt sollten aber mindestens 21 verschiedene Kuchen, Torten und Gebäcke angeboten werden. Mit der Höchstgrenze ist man wohl nicht zu streng, manchmal trifft man auch auf bis zu 30 verschiedene Sorten….

Und dann gibt es auch noch eine festgelegte Reihenfolge, wie man die Kuchen verspeist:

Man startet als Grundlage mit „boller“.

Dann geht man zu den Kuchen über: Erst von den etwas trockeneren Kuchen zu den fetteren: Vom „einfachen“ Sandkuchen oder Blechkuchen über Hefegebäck zu Sandkuchen mit Creme oder einer Roulade.

Danach kommen die Torten.

Beispielsweise:

Bei einer großen Kaffeetafel schließt man mit einer Cremeschnitte ab, wie zum Beispiel:

Zuletzt geht man zur „harten“ Abteilung über, spich: Zu den Keksen.

Zum Beispiel:

Die Kaffeetafel wird meistens zu besonderen Gelegenheiten wie Geburtstagen oder Familienfesten zubereitet. Zu einer klassischen Kaffeetafel wird übrigens nach dem Abendessen geladen….

Wer einmal eine lustige, drastische Darstellung der Jütländisceh Kaffeetafel lesen will, dem lege ich die Schilderung von Siegfried Lenz ans Herz. In seiner Erzählung „Kummer mit jütländischen Kaffeetafeln“ schreibt er:

Kann, so wird man sich fragen, eine Kaffeetafel Anlass zum Kummer geben? Kann, was so harmlos nach Belebung und schlichter Süße klingt, überhaupt eine Sache sein, von der man Aufhebens machen sollte? Wer so fragt, hatte noch nie das problematische Glück, zu einer original jütländischen Kaffeetafel eingeladen zu werden. Wir hingegen, meine Frau und ich, waren oft dazu eingeladen, wir haben die legendäre Tafel bisher überlebt, und in gelassener Erwartung von Spätschäden möchte ich jedem, der von einer entsprechenden Einladung ereilt wird, akkurat vorstellen, worauf er sich gefaßt machen muss.

Wir, zugegeben, waren allenfalls auf Gesundheitskaffee und knochentrockene Plätzchen gefaßt, als wir zum ersten Mal von unseren Nachbarn zu einer ortsüblichen Kaffeetafel gebeten wurden, so gegen halb neun, nach dem Abendbrot.

… Also Brötchen, Rundstücke, Boller, wie es immer beginnt, man würde die Hausfrau nicht enttäuschen müssen, es war erst neun. … (Dann) trug die Hausfrau Platten mit blätterteigartigem Kranzkuchen auf … Doch kaum hatte ich mich zurückgelehnt, als ein Hügel von kränklicher Weiße gebieterisch auf mich zuschwebte, ein Gletscher, bedeckt mit bräunlichem Möränenschutt,….., die erste Großtorte, die lagkage, der Stolz der Hausfrau, den abzulehnen einer Beleidigung gleichgekommen wäre…. Plötzlich neigt sich mir mein Nachbar zu, zwinkerte und riet mir, den Teller rasch leer zu essen, da gleich die Napoleonschnitten „dran“ wären, ein mit Vanillepudding gefülltes Labsal, schön zittrig unter glasiertem Blätterteig…. Ich hob den Arm, mich ritt er Teufel, Hohn, Verzweiflung gaben mir eine Frage ein, über die ich erst später erschrak, die Frage nämlich: Wann kommt denn das Kleingebäck? Ich hatte gelesen, dass zu einer jütländischen Kaffeetafel unbedingt Kleingebäck gehört. Überrascht sah die Hausfrau mich an, dankbar und überrascht, mein Verlangen ehrte sie, und ehe ich noch begriff, welch eine Falle ich mir selbst gestellt hatte, kreisten Schälchen mit dem berühmten Kleingebäck, Kringel, Schäumchen, Plätzchen, Taler aus Mürbeteig, mit und ohne Schokolade, småkager in verführeren Variationen, selbstgebacken…

Kurz vor Mitternacht brachen wir auf, wohlversehen mit übriggebliebenem Kuchen und Kleingebäck – für den Fall, dass wir in der Nacht Lust bekämen, etwas zu knabbern. Wortlos schwankten wir heimwärts, nach einem Dank, der reichlich polternd ausgefallen war.

Na, Lust auf eine Kuchenschlacht bekommen? Dann viel Spaß beim Essen und Nachbacken des einen oder anderen Kuchens…

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